Über Design und Engagement

Oktober 2021

Für das Magazin »kultur erleben« haben wir im Rahmen des Tsurikrufn!-Projektes einige Fragen zu Engagement, Design und Herausforderungen beantwortet. Im Folgenden der Artikel als Auszug, die komplette Ausgabe kann auch als PDF angeschaut werden.

Artikel-Auszug

Facetten der Erinnerung: Das Design von www.tsurikrufn.de

Für die Gestaltung seines großen Online­projekts TSURIKRUFN! konnte der AsKI die Wiesbadener Designagentur Lekkerwerken gewinnen, die bereits die Museums-Websites des Hamburger Ernst Barlach Hauses und des Arp Museums Bahnhof Rolandseck in Remagen gestaltet hat.

Franz Fechner fragte die geschäftsführenden Gesellschafter Bjoern Pust und Jan Künzel:

Sie haben die Ausschreibung gewonnen, nicht zuletzt auch, weil wir in unseren Vorgesprächen bemerkt hatten, wie sehr ihre Agentur von diesem Projekt begeistert war. Wir hatten gleich das Gefühl, dass es auch für Sie ein »spezielles« Projekt war. Was hat Sie zu Ihrem Engagement bewogen?

Ihre Anfrage hat uns tatsächlich sehr gefreut, denn wir streben nach sinnhaften Projekten, die im Sinne einer gesellschaftlichen Relevanz wertvoll und nachhaltig sind, wie eben dieser Beitrag zur Erinnerungskultur jüdischer Geschichte in Deutschland. Dabei muss es keine persönliche Verbindung zum Thema geben – eine gewisse Unkenntnis lässt uns im Gegenteil unvoreingenommen und in gewisser Weise »naiv«, beziehungsweise intuitiv an ein Thema herangehen. Denn bei allem Knowhow und strukturierter Arbeitsweise sind wir immer auch »Bauchmenschen«, die leidenschaftlich und mit Herzblut gestalten.

Wie muss man sich die den Weg zu einem adäquaten Design für ein derartiges Thema vorstellen? Der Titel war ja bereits vom AsKI vorgegeben.

Kreativität ist nicht planbar. Vielmehr findet sie ihre Wege – in einer zündenden Idee oder sich in einem »Prozess der Resonanz« entwickelnd. In diesem Fall wussten wir gleich, nachdem wir die Kurzbiografien der Protagonisten gesichtet hatten: Die Porträts der vorgestellten Persönlichkeiten werden unglaublich facettenreich sein. Diesen Aspekt galt es aber nicht nur zu bedienen, sondern auch zu unterstreichen. So spiegelt sich die Vielfalt jüdischen Lebens in Deutschland nun in der Gestaltung von Tsurik­rufn! wider: Die Erinnerungen manifestieren sich in Form von Fragmenten (Facetten, Splitter) eines kollektiven Gedächnisses – mit diagonalen Überschneidungen als übergreifendem Design-Element und einem wechselnden Farb-Spektrum.

Die »Originale« sind dabei die Helden der Geschichten – nicht ohne Grund haben wir das körnige, aber vielsagende Foto von Paul Falkenberg, dem Mann, der Cutter bei Fritz Lang war, als Keyvisual für das Projekt gewählt: auch er bearbeitet festgehaltene Erinnerungen, fragmentiert und setzt neu zusammen, damit am Ende ein denkwürdiges Bild entsteht.

Gab es besondere Herausforderungen, die zu bewältigen waren?

Damit jede einzelne Biografie adäquat dargestellt werden konnten, durfte die Darstellung der Porträts – auch technisch gesehen – keinen starren Rahmen aufweisen. Dank vielfältiger Einstellmöglichkeiten im Content Management System konnten die Porträts dann schließlich redaktionell »gestaltet« und auf die jeweiligen Eigenheiten angepasst werden. Die Herausforderung bestand – bei aller Flexibilität – im Durchhalten von Gemeinsamkeiten, was trotz unterschiedlicher Redakteure wunderbar funktioniert hat. Erzählungen, Biografien, Zitate, Hintergrundinformationen, Tonspuren, Videos, Fotos, Bildergalerien und Gedichte belegen nun, unterschiedlich gewichtet, die bewegten und bewegenden Geschichten.